Herausforderungen und Lösungsansätze aus Sicht der Risikokommunikation
Die Integration geflüchteter Menschen erfordert effektive Brandschutzaufklärung, doch systematische Ansätze fehlen bislang. Dieser Artikel stellt das in einer Bachelorarbeit entwickelte Konzept zur Brandschutzaufklärung für Geflüchtete auf Basis einer Risikokommunikationsstrategie vor. Durch qualitative Experteninterviews und deren Auswertung wurden zentrale Erkenntnisse gewonnen. Die Ergebnisse zeigen, dass eine frühzeitige, regelmäßige und kultursensible Aufklärung durch geschultes Feuerwehrpersonal in Flüchtlingsunterkünften essenziell ist. Der Einsatz von Dolmetschern und diversitätsgerechten Vermittlungsformaten stärkt das Vertrauen und verbessert das Sicherheitsbewusstsein. Eine Zielgruppenanalyse verdeutlicht, dass die Teilnahme an der Aufklärung sowohl die individuelle Sicherheit erhöht als auch Schäden verringert.
Die Bachelorarbeit entstand im Rahmen des Dualen Studiums bei der Berliner Feuerwehr mit dem Ziel, ein neues Konzept für die Brandschutzaufklärung von geflüchteten Menschen zu entwickeln.
Mit der Fachempfehlung Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung für Flüchtlinge vom Deutschen Feuerwehrverband e.V. (DFV) und der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V. (vfdb) oder der Handreichung zur Brandschutzerziehung / Brandschutzaufklärung für Flüchtlinge / Migranten / Asylbewerber / Ausländer vom Landesfeuerwehrverband Niedersachsen gibt es bereits Publikationen und Konzepte zu dieser Thematik. Die Ergebnisse einer Umfrage des Projekts „Entwicklung einer Informationsmaßnahme, Bevölkerungsund Katastrophenschutz in Deutschland‘ für Personen mit Migrationshintergrund“[1] zeigen, dass trotz der vorhandenen Veröffentlichungen die Brandschutzaufklärung für Geflüchtete noch nicht wirksam ist.
Daher basiert dieses Konzept auf einer neuen Entwicklungsmethode. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) veröffentlichte 2022 „Risikokommunikation – Ein Handbuch für die Praxis“[2]. Ziel der Risikokommunikation ist die Vorbereitung der Bevölkerung auf den Eintritt eines Risikos mit präventiven Maßnahmen und Empfehlungen für den Ernstfall und entspricht damit dem Ziel der Brandschutzaufklärung. Die entwickelte Strategie basiert auf einer Situationsanalyse, Erstellung von Kommunikationszielen, Betrachtung der Zielgruppen, Formulierung von Botschaften und Planung von Instrumenten und Maßnahmen mit anschließender Evaluation.
SIEBEN PRINZIPIEN DER RISIKOKOMMUNIKATION
01 Initiative Kommunikation von Behörden oder Verbänden 02 Umfangreiche Informationen, 03 Offenheit und Transparenz 04 Verständliche Kommunikation 05 Vertrauen 06 Verschiedene Zielgruppen 07 Dialog
ABLAUF DER ERSTELLUNG DER RISIKOKOMMUNIKATION
01 Situationsanalyse 02 Kommunikationsziele 03 Zielgruppen 04 Botschaften 05 Instrumente und Maßnahmenplanung 06 Evaluation
01 Situationsanalyse
Nach der Risikokommunikation lässt sich die Ausgangssituation bei der Brandschutzaufklärung für Geflüchtete in Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Bedrohungen unterteilen.
Kenntnisse zum Thema Feuer sind bei Geflüchteten vorhanden. Diese Grundlage erleichtert die Brandschutzaufklärung, da auf diesen Punkt aufgebaut werden kann. Eine weitere Stärke ist die Irrelevanz der Kultur im Notfall. Dieser Grundsatz kann bei der Aufklärung vermittelt und im Einsatzfall genutzt werden.
Da es sich bei Einsätzen in Unterkünften von Geflüchteten jedoch oft um Fehleinsätze handelt, bestehen bereits einige Missverständnisse beiderseits. Diese müssen gegebenenfalls abgebaut werden.
Viele Feuerwehren erkennen die Initiative Geflüchteter zur Beteiligung bei der ehren bzw. hauptamtlichen Arbeit noch nicht. Das ist eine Schwäche seitens der Feuerwehr. Eine Chance, welche die Brandschutzaufklärung langfristig bietet, ist die Integration Geflüchteter in die Feuerwehr. Dafür müssen jedoch kulturelle Unterschiede respektiert und Vertrauen und Wissen aufgebaut werden.
Eine bestehende Möglichkeit, die zur Brandschutzaufklärung genutzt werden kann, ist das Smartphone. Dieses Kommunikationsmittel wird von Geflüchteten bereits aktiv zur Informationsgewinnung und -verbreitung genutzt.
02 Kommunikationsziele
Ein zentraler Aspekt der Risikokommunikationist die Formulierung von Zielen. Die Ziele lassen sich dabei in einen zeitlichen Rahmen einordnen. Sie könnenkurzfristig, mittelfristig und langfristig geplant werden. Bei der Formulierung ist darauf zu achten, dass sie spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminierbar sein sollten. Dieses Prinzip nennt man „SMART“.
Aus der Untersuchung ergaben sich vier zentrale Ziele:
1. Steigerung des Wissens geflüchteter Menschen zu den Themen Gefahren durch Feuer und Rauch, Verhalten im Brandfall, Notruf und Rauchwarnmelder nach einer Brandschutzaufklärung
• Zur Zielerreichung ist es empfehlenswert, ebenfalls die betreuenden Mitarbeiter einzubeziehen.
2. Schulung der in der Brandschutzaufklärung tätigen Personen dereigenen Behörde oder Organisation über die Besonderheiten bei der Brandschutzaufklärung Geflüchteter
Nach dem Beschluss, Brandschutzaufklärung für Geflüchtete anzubieten, sollte ein zeitlicher Rahmen definiert werden, um beispielsweise innerhalb von sechs Monaten 50 % der Personen, die mit der Brandschutzaufklärungbetraut sind, zu schulen.
3. Steigerung des Vertrauens zwischen Feuerwehr und Geflüchteteninnerhalb der nächsten fünf Jahre
• Dieses Ziel ist nur durch aufwendige Umfragen messbar und dieDarstellung des Erreichungsgrades schwer möglich.
4. Erhöhung der Teilhabe Geflüchteter bei der Feuerwehr auf 10 % der Mitglieder im ehren- und hauptamtlichen Bereich innerhalb von 15 Jahren
• 2022 waren 1 % der Mitglieder Menschen mit Migrationshintergrund[3]. Für das Erreichen des Ziels bedarf es weiterer Maßnahmen als nur die Brandschutzaufklärung. Die Feuerwehren beschäftigen sich jedoch seit einiger Zeit mit der interkulturellen Öffnung.
03 Zielgruppenanalyse und -profil
Die relevante Zielgruppe der Brandschutzaufklärung sind geflüchtete Menschen. Weitere Gruppen wie Mitarbeiterin Unterkünften oder in der Brandschutzaufklärung tätige Personen werden als Multiplikatoren gesehen, aber nicht im Detail analysiert.
Besonders geeignet für die Aufklärung sind Personen in Gemeinschaftsunterkünften, da dort viele Menschen erreichbar sind und die vorhandene Infrastrukturgenutzt werden kann. Allerdings lebt nur etwa ein Zehntel der Geflüchteten in solchen Unterkünften, sodass auch in Privathaushalten lebende Geflüchtete angesprochen werden müssen.
Die Geflüchteten erleben ihre Ankunft in Deutschland oft als belastend und sind mit sprachlichen sowie kulturellen Barrieren konfrontiert. Eine erste kurze Brandschutzinformation wird häufig direkt bei Ankunft vermittelt, eine umfassendere Aufklärung ist jedoch erst später sinnvoll. Hohe Fluktuation in Unterkünften erschwert eine nachhaltige Aufklärung. Ob das Brandrisiko bei Geflüchteten höher ist, bleibt unklar, da belastbare Daten fehlen. Experten ein erhöhtes Risiko aufgrund technischer und organisatorischer Bedingungen.
Die Zielgruppe ist sehr heterogen – sie umfasst Analphabeten wie Akademiker, Arbeitssuchende wie Berufstätige. Statistisch handelt es sich mehrheitlich um junge, männliche und ledige Erwachsene.[ 4] Geflüchtete nutzen Smartphones intensiv zur Informationsbeschaffung und tauschen sich direkt untereinander aus. Sozialarbeiter gelten als zentrale Vertrauenspersonen. Trotz häufig negativer Erfahrungen mit staatlichen Behörden genießt die Feuerwehr ein vergleichsweise gutes Ansehen. Einzelne Geflüchtete zeigen Engagement, was ein Potenzial für die Beteiligung an der Brandschutzaufklärung darstellt.
04 Botschaften der Brandschutzaufklärung für Geflüchtete
Ein wesentlicher Bestandteil des Zielgruppenprofils sind geeignete Botschaften, die Geflüchtete zur Teilnahme an der Brandschutzaufklärung motivieren sollen. Die formulierten Aussagen zielen darauf ab, einerseits zentrale Inhalte der Brandschutzaufklärung zu vermitteln und andererseits die Zielgruppe emotional und rational anzusprechen.
Dachbotschaft
Nehmen Sie an einer Brandschutzaufklärung teil. Dort wird Ihnen beigebracht, wie Sie sich im Brandfall korrekt verhalten. Sie erhöhen damit Ihre Sicherheit und können Personenoder Sachschäden verhindern.
Teilbotschaften
Im Brandfall müssen Sie sich und Ihre Kinder in Sicherheit bringen. Informieren Sie sich für den Ernstfall über das richtige Verhalten im Brandfall. (Teilbotschaft für die Zielgruppe Frauen)
- Werden Sie Multiplikatoren der Feuerwehr, um Geflüchteten einen sicheren Start in Deutschland zu ermöglichen. (Teilbotschaft für die Zielgruppe Mitarbeiter in Unterkünften für Geflüchtete)
- Lernen Sie, wie man einen Notruf richtig absetzt und welche Information für die Feuerwehr wichtig ist. (Teilbotschaft für den Inhalt Notruf)
- Erfahren Sie, wie Sie die Feuerwehr vor Gefahren schützt. (Teilbotschaft für den Inhalt Feuerwehr)
- Die Feuerwehr bietet ein umfangreiches Tätigkeitsfeld, in dem Sie sich beruflich und ehrenamtlich beteiligen können. (Teilbotschaft für das Ziel Erhöhung der Teilhabe)
- Die Feuerwehr hilft Ihnen. Sie ist nicht für Repressionen zuständig. (Teilbotschaft für das Ziel Vertrauen)

2) Bei einem Brand im Treppenhaus: in der Wohnung bleiben, Tür schließen, Feuerwehr verständigen, am Fenster bemerkbar machen[6]
05.1
Instrumente der Brandschutzaufklärung
Die Brandschutzaufklärung für Geflüchtete erfordert eine gezielte Auswahl und Anwendung geeigneter Materialien. Der Abschnitt beschreibt verschiedene didaktische und mediale Instrumente, die zur Durchführung der Brandschutzaufklärung für Geflüchtete eingesetzt werden können.
1. Bilder als zentrales Medium
Beide Interviewten hoben die besondere Bedeutung von Bildern hervor. Sie gelten als zentrales Instrument, da sie sprachvermuten unabhängig verstanden werden können und sich daher besonders für Menschen mit Sprachbarrieren oder geringen Leseund Schreibkompetenzen eignen – also auch für Analphabeten. Bilder sollen nicht nur unterstützend eingesetzt, sondern auch alleinstehend verständlich sein. Das bedeutet: Illustrationen müssen selbsterklärend gestaltet sein, ohne dass zusätzlich Text erforderlich ist. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Darstellung von Diversität in den Bildmaterialien. Die Bildsprache sollte der Realität der Zielgruppe entsprechen – insbesondere was Hautfarbe, Kleidung und kulturelle Besonderheiten betrifft. Ein Experte betont, dass es nicht angemessen ist, ausschließlich weiße Menschen in Materialien darzustellen, wenn die Zielgruppe überwiegend aus Menschen afrikanischer Herkunft besteht.
2. Sprache: Mehrsprachigkeit und Piktogramme
Wenn Text notwendig ist, muss er mehrsprachig zur Verfügung stehen. Für Analphabeten sollen ergänzend Piktogramme eingesetzt werden, um die Verständlichkeit zu sichern. Dies fördert den Zugang zur Aufklärung auch bei geringen Deutschkenntnissen.
3. Bisherige Materialien
Genutzt werden können auch vorhandene Flyer und Broschüren, z. B. von der Initiative rauchmelder-lebensretter.de[5] oder vom Land Hessen. Diese Materialien liegen teilweise mehrsprachig vor, enthalten allerdings viel Text. Positiv bewertet wurde die Verwendung von Piktogrammen und die Reduktion auf wesentliche Inhalte. Einige dieser Materialien beinhalten auch QR-Codes, die zu erklärenden Videos führen.
4. Comics und Plakate
Als besonders geeignet wird der Comic „Verhalten im Brandfall“ genannt, der zwei typische Brandszenarien ohne Text erklärt (Bild 1). Die Darstellung ist einfach und allgemein verständlich. Jedoch fehlt es auch hier an Diversität. Eine mögliche Lösung bietet die Strategie 2030 der Berliner Feuerwehr (Bild 2), die durch ihre Bildsprache vielfältige gesellschaftliche Gruppen berücksichtigt.
5. Videos
Neben Bildern gelten auch sprachneutrale Videos als besonders wirkungsvoll. Idealerweise zeigen sie reale Situationen mit Menschen aus der Zielgruppe selbst. Auch hier soll Diversität in der Darstellung berücksichtigt werden. Forschungsergebnisse[1] belegen, dass visuelle Medien ohne Sprache eine hohe Verständlichkeit bieten.
Für die Verbreitung dieser Inhalte bieten sich zwei Wege an:
• Mitarbeiter in Unterkünften fungieren als Multiplikatoren.
• Social-Media-Plattformen, insbesondere solche mit Integrationsbezug, sind geeignete Kanäle, um eine breitere Zielgruppe zu erreichen.
6. Dolmetscher und mehrsprachige Feuerwehrangehörige
Zur direkten Kommunikation bei Veranstaltungen oder Schulungen empfiehlt sich der Einsatz von Dolmetschern oder mehrsprachigem Feuerwehrpersonal. Sie ermöglichen nicht nur Übersetzung, sondern auch interaktive Kommunikation und Rückfragen. Dies fördert Vertrauen und Verständnis.

7. Interaktive Formate und praktische Elemente
Eine große Bedeutung hat auch die Interaktion bei öffentlichen Veranstaltungen. Praktische Maßnahmen wie:
• Löschübungen
• Besichtigungen von Löschfahrzeugen fördern das Interesse, ermöglichen Erfahrung mit der Feuerwehr und stärken das Vertrauen in ihre Arbeit.
Solche Elemente ergänzen die inhaltliche Aufklärung und steigern die Wirksamkeit der Maßnahme. Diese Erkenntnisse stimmen auch mit den Forschungsergebnissen von Schmidt et al.[1] überein, die Interaktivität als wesentlichen Erfolgsfaktor beschreiben.
Die Instrumente der Brandschutzaufklärung für Geflüchtete sollten vor allem visuell, interaktiv und diversitätsbewusst sein. Bilder und Videos ohne Sprache bilden die Grundlage für barrierefreie Aufklärung. Ergänzt werden sie durch mehrsprachige Texte, Piktogramme, Dolmetscher und interaktive Formate.
Eine sensible Gestaltung dieser Instrumente kann nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch Vertrauen aufbauen und Teilhabe fördern.
05.2
Maßnahmen der Brandschutzaufklärung
In diesem Abschnitt werden konkrete organisatorische und inhaltliche Maßnahmen beschrieben, die festlegen, wie, wo, durch wen und wann die Brandschutzaufklärung für Geflüchtete erfolgen sollte.
1. Ort und Zeitpunkt der Aufklärung
Die Flüchtlingsunterkunft wird als idealer Ort für die Maßnahme betrachtet. Zu Beginn findet dort ein Austausch mit dem Personal statt, um Informationen über die Zielgruppe, durchgeführte Maßnahmen, kulturelle Besonderheiten und mögliche Dolmetscher zu erhalten. Die erste Aufklärungsveranstaltung sollte innerhalb der ersten Monate nach der Ankunft stattfinden – nicht unmittelbar nach Ankunft, sondern sobald sich die Menschen etwas orientiert haben. Zusätzlich wird eine regelmäßige Wiederholung empfohlen, um neue Bewohner zu erreichen und das Wissen zu festigen.
2. Durchführende Personen
Es werden zwei Wege vorgeschlagen:
• Brandschutzerzieher der Feuerwehr: Sie sollten speziell für die Arbeit mit Geflüchteten geschult werden.
• Mitarbeiter der Unterkünfte als Multiplikatoren: Diese kennen die Zielgruppe gut, müssen jedoch fachlich geschult werden, bevor sie selbst aufklären.
Die ideale Lösung kombiniert beide Ansätze: Die Feuerwehr führt regelmäßig selbst Veranstaltungen durch und schult dabei parallel das Unterkunftspersonal. So kann dieses künftig eine erste Aufklärung leisten, wodurch die Feuerwehr entlastet wird. Mit fortschreitender Schulung könnten sogar Geflüchtete selbst als Multiplikatoren fungieren.
3. Vertrauensaufbau und Auftreten
Vertrauen ist ein zentrales Ziel. Daher ist auf das äußere Erscheinungsbild der Feuerwehr zu achten:
• Lockere Dienstkleidung (z. B. Wachkleidung) signalisiert Offenheit.
• Die Einsatzkleidung wird vorgestellt, um mögliche Ängste vor Atemschutzträgern abzubauen.
Diese Maßnahme wird auch durch die Forschung[1] gestützt.
4. Gestaltung der Veranstaltungen
Die Maßnahmen sollten praxisnah und interaktiv gestaltet sein und auf die Bedingungen vor Ort in der Unterkunft eingehen. Mitarbeiter der Unterkunft sollen aktiv eingebunden werden, da sie als Vertrauenspersonen fungieren können.
Es ist wichtig, sich ausschließlich auf Brandschutzthemen zu konzentrieren. Politische oder persönliche Themen wie Krieg oder Flucht sollten bewusst ausgeklammert werden, um Überforderung oder emotionale Belastungen zu vermeiden.
5. Haltung des Aufklärungsteams
Die Feuerwehr soll offen und unterstützend auftreten. Eine respektvolle, nicht belehrende Haltung ist entscheidend, um Akzeptanz und Vertrauen bei den Teilnehmern zu fördern.
6. Vertrauensbildende Maßnahmen
Zum Abschluss können die Teilnehmer auf eine Feuerwache eingeladen werden. Dies wird als besonders starke Maßnahme zur Vertrauensbildung angesehen. Die Maßnahmen zur Brandschutzaufklärung für Geflüchtete sollten frühzeitig, regelmäßig, interaktiv und respektvoll erfolgen. Sie sollen Vertrauen aufbauen, kulturelle Sensibilität zeigen und das Personal vor Ort aktiv einbinden. Schulungen der Feuerwehrkräfte sowie des Unterkunftspersonals sind ebenso notwendig wie ein bewusst offenes, unterstützendes Auftreten. Ziel ist es, langfristig eine nachhaltige und wirksame Brandschutzaufklärung zu etablieren.
Inhalte der Brandschutzaufklärung
Der Inhalt der Brandschutzaufklärung für Geflüchtete ergibt sich aus den Zielen der Aufklärung sowie den Aussagen der Experten. Zentrale Themen sind grundlegende Gefahren, korrektes Verhalten im Brandfall und der Aufbau von Vertrauen.
1. Zentrale Inhalte (Pflichtmodule)
Diese Themen sollten in jeder Aufklärungsveranstaltung behandelt werden:
• Feuerwehr und Polizei: Vorstellung der Behörden zur Vertrauensbildung und Abgrenzung gegenüber autoritären Strukturen
• Notruf 112: Bedeutung, korrekte Anwendung, Nennung der Adresse und Beispiele für Notfallsituationen
• Verhalten im Brandfall: klare Handlungsanweisungen, wie z. B. Wohnung verlassen, Tür schließen, Notruf absetzen, Rettung abwarten
2. Erweiterte Inhalte (Ergänzungsmodule)
Weitere relevante Themen, die je nach Bedarf ergänzt werden können:
• Gefahren durch Feuer und Rauch: etwa beim Rauchen im Bett oder durch elektrische Überlastung
• Typische Brandursachen: überlastete Steckdosen, unsachgemäßer Umgang mit Geräten oder offenem Feuer
• Rauchmelder: Funktion, Bedeutung, Fehlalarme – Aufklärung hilft, Missverständnisse zu vermeiden
• Rettungswege und Evakuierung: Orientierung in Gebäuden, Durchführung von Evakuierungsübungen
• Ausrüstung der Feuerwehr: Vorstellung z. B. von Atemschutzgeräteträgern zur Angstprävention
• Rechte und Pflichten im Brandfall: für alle Beteiligten – Bewohner, Personal und Sicherheitsdienste
3. Gestaltung und Auswahl
Die Inhalte können je nach Zielgruppe und Situation flexibel zusammengestellt werden. Eine Gliederung in Pflichtund Ergänzungsmodule[8] erleichtert die Vorbereitung. Die Unterkunftsleitung kann passende Inhalte im Vorfeld auswählen.
Die Inhalte der Brandschutzaufklärung sollen grundlegende Sicherheitsinformationen vermitteln, auf typische Gefahren hinweisen, Vertrauen schaffen und klare Handlungsanweisungen für den Ernstfall geben. Eine modulare Struktur ermöglicht die bedarfsgerechte Anpassung.
06 Evaluation der Brandschutzaufklärung
Zur Bewertung der Wirksamkeit der Brandschutzaufklärung empfehlen die Experten eine kombinierte Evaluationsmethode, bei der sowohl Dolmetscher als auch das Personal in den Unterkünften eingebunden werden:
• Fragebögen gelten als ungeeignet, da sie Sprachbarrieren und geringe Aussagekraft mit sich bringen.
• Über einen Dolmetscher soll ein direkter, mündlicher Austausch mit den Teilnehmern stattfinden, um offene Fragen zu klären und ehrliches Feedback zu ermöglichen.
• Zusätzlich sollte das Personal vor Ort eingebunden werden, da es langfristig Kontakt zu den Geflüchteten hat und besser beurteilen kann, ob eine Verhaltensänderung stattgefunden hat.
Die Evaluation sollte durch Gespräche mit Teilnehmern (über Dolmetscher) und durch Beobachtungen des Personals erfolgen, um sowohl kurzfristiges Verständnis als auch langfristige Wirkung zu erfassen.
FAZIT
Durch zwei Experteninterviews wurden praxisnahe Empfehlungen gewonnen und in eine Kommunikationsstrategie überführt. Die Aufklärung soll in Flüchtlingsunterkünften, möglichst innerhalb der ersten Monate nach Ankunft, regelmäßig durch geschultes Feuerwehrpersonal erfolgen. Inhalte wie Notruf, Verhalten im Brandfall und Brandursachen werden mit visuellen Medien und Unterstützung durch Dolmetscher vermittelt. Mitarbeiter der Unterkünfte können als Multiplikatoren eingebunden werden. Ziel ist neben Wissensvermittlung auch der Vertrauensaufbau.
LITERATUR | QUELLENANGABEN
[1] Schmidt, S., Hannig, C., Kietzmann, D., Knuth, D., Mösko, M. O., & Schönefeld, M. (with Deutschland) (2018). Interkulturelle Kompetenz im Bevölkerungsschutz. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
[2] Zehner, L., Fuchs, U., Lindemann, A.-K., Jungnickel, K., Schulze, A., & Böl, G.-F. (with Karutz, H., Deutschland, & Bundesinstitut für Risikobewertung) (2022). Risikokommunikation: Ein Handbuch für die Praxis (Stand: Februar 2022, 1. Version). Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
[3] Liedtke, von S. (2022, März 15). Feuerwehr noch zu monokulturell. Feuerwehr-Magazin. https://www.feuerwehrmagazin.de/wissen/ feuerwehr-noch-zu-monokulturell-113860
[4] Haug, S., & Schmidbauer, S. (2022). Haushaltsund Wohnstrukturen von Geflüchteten in Deutschland – Möglichkeiten und Grenzen der Auswertung des Mikrozensus.
[5] Rauchmelder retten Leben. Infomaterial zum Download. (o. J.). Rauchmelder Retten Leben. Abgerufen 2. Februar 2024, https://www. rauchmelder-lebensretter.de/downloads/
[6] Richtiges Verhalten im Brandfall. (n.d.). https://verhaltenimbrandfall.de/
[7] Berliner Feuerwehr (Hrsg.) (2022). Strategie 2030. https://www.berliner-feuerwehr.de/fileadmin/bfw/dokumente/Strategie 2030/20220608_Broschure__S2030.pdf
[8] Landesfeuerwehrverband Niedersachsen (Hrsg.) (2017, August 2). Handreichung für Brandschutzerzieher/innen Brandschutzerziehung/ Brandschutzaufklärung für Flüchtlinge/ Migranten/Asylbewerber/Ausländer.
